Europäischer Palliativ-Kongress schlüsselt palliative Versorgungslage in Europa auf – Deutschland an 15. Stelle

Die „European Association for Palliative Care“ EAPC stellt auf dem 16. Weltkongress in Berlin ihren neu aufgelegten „Atlas zur Palliativversorgung in Europa“ vor. Darin schlüsselt die Vereinigung auf, wie viele Menschen auf dem europäischen Kontinent palliative Versorgung benötigen – also so schwer erkrankt sind, dass eine Heilung ausgeschlossen ist und es um die medizinische und psychosoziale Begleitung der letzten Lebensphase, um ein würdiges und schmerzfreies Sterben geht.

Die EAPC hat für ihren Bericht erfasst, wie viele auf eine solche Leistung spezialisierte Einrichtungen es pro 100.000 Einwohner in europäischen Ländern gibt. Der von der Organisation empfohlene Richtwert, der eine gute Abdeckung gewährleisten würde, liegt bei zwei Diensten für diese Personenanzahl. Die Realität sieht jedoch auch im reichen Europa anders aus: jährlich sterben 4,4 Millionen Erwachsene, die palliative Versorgung bräuchten – leisten können eine solche 6388 Einrichtungen. Im Schnitt sind also nur 0,8 Dienste für 100.000 Menschen da – Deutschland liegt mit einer Quote von 1,1 auf Platz 15 in der Palliativversorgungs-Rangliste. Diese Zahlen bedeuten in der Realität: keine angemessene Betreuung, keine spezialisierte Schmerztherapie, wenn es auf das Ende zugeht.

Den Bedarf an Palliativversorgung von Kindern und Jugendlichen bildet der neue Atlas gesondert ab. „Palliativversorgung von Kindern unterscheidet sich grundlegend von der für Erwachsene“, erklärt Sabine Kraft. Die Geschäftsführerin des deutschen Bundesverbands Kinderhospiz ist Teilnehmerin des EAPC Kongresses und sehr zufrieden über die differenzierte Auswertung. „Die gesamte Hospizarbeit muss für Kinder gesondert betrachtet werden. Familien, die ein lebensverkürzend erkranktes Kind haben, können ab der Diagnose die Dienste von Kinderhospizeinrichtungen in Anspruch nehmen, unabhängig davon, ob noch Therapien möglich sind oder nicht.“ Kinderhospizdienste betreuen alle Familienmitglieder, nicht nur das erkrankte Kind. Für dessen medizinische Versorgung sind SAPV-Teams (spezialisierte ambulante Palliativversorgung) und spezialisierte Pflegedienste zuständig – die in Deutschland derzeit aber durch den Fachkräftemangel oft unterbesetzt sind.

In ganz Europa sterben nach dem neuen EAPC-Atlas jedes Jahr 138.913 Kinder, die palliative Versorgung bräuchten. Um diese zu leisten, sind 385 ambulante Dienste, 162 Kliniken und 133 Hospize qualifiziert – verteilt in 38 Ländern. „In vielen europäischen Ländern gibt es immer noch keine spezialisierte Palliativversorgung für Kinder“, so Sabine Kraft. „Wir müssen uns dringend weiterentwickeln, um auch weltweit ein Vorbild sein zu können!“ Kraft war in den vergangenen drei Jahren Vorsitzende des internationalen Netzwerkes zur Palliativversorgung von Kindern und Jugendlichen ICPCN und ist dort weiterhin als ‚board member‘ aktiv. Weltweit leiden über 21 Millionen Kinder an lebensverkürzenden Erkrankungen, und zu viele von ihnen müssen aufgrund mangelnder Versorgung unnötig leiden.
Die EAPC-Studie wurde von der Universität im spanischen Navarra erhoben.