Wie die Kinderhospizarbeit Familien mit frühgeborenen Kindern unterstützt / Pressemitteilung zum Welt-Frühgeborenentag
Frühgeborene Kinder und ihre Eltern brauchen besondere Unterstützung und Hilfe – gerade in den ersten Lebenswochen, oft aber auch Monate oder gar Jahre später noch. Darauf macht der Bundesverband Kinderhospiz anlässlich des Welt-Frühgeborenentags am 17. November aufmerksam. Jährlich kommen in Deutschland etwa 65 000 Kinder vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche – und damit als Frühgeborene – zur Welt.
Je früher ein Kind zur Welt kommt, desto größer ist sein Risiko für gesundheitliche Folgeschäden. „Für die Eltern ist eine Frühgeburt immer eine Ausnahmesituation. Vor allem dann, wenn nicht klar ist, ob dieses winzige Menschlein dauerhaft gesundheitliche Schäden davontragen oder vielleicht sogar versterben wird“, erläutert Sabine Kraft, Geschäftsführerin des Bundesverbands Kinderhospiz (BVKH). „Mütter und Väter, die in dieser Zeit Beistand brauchen, dürfen sich herzlich gern an unser kostenloses Sorgen- und Infotelefon OSKAR wenden. Das gleiche gilt natürlich für Großeltern und andere Angehörige.“ Wer in einer durchwachten Nacht auf der Intensivstation beispielsweise einfach jemanden braucht, der zuhört – der kann unter Tel. 0800 / 88 88 47 11 rund um die Uhr bei OSKAR anrufen und sein Herz ausschütten. Bei OSKAR arbeiten speziell geschulte Berater, denen die Anrufer ihre Ängste, Sorgen und Nöte schildern können. Falls ein Anrufer konkrete Fragen hat, haben die OSKAR-Mitarbeiter zudem Zugriff auf eine spezielle Datenbank, in der Tausende Fachleute und Einrichtungen gespeichert sind, die sich mit lebensbedrohlich bzw. lebensverkürzend erkrankten Kindern befassen.
„Gerade für meine Frau wäre das Sorgentelefon sicherlich eine Hilfe gewesen. Sie hat oft gesagt: Ich kann nicht mehr“, erzählt Oliver H. rückblickend. Doch als Tochter Milda 2016 in der 24. Schwangerschaftswoche zur Welt kam, hatte Familie H. von diesem Angebot noch nie gehört. Sie mussten sich weitgehend alleine durchkämpfen durch die ersten Wochen und Monate im Krankenhaus und in der Rehaklinik, durch die Unsicherheit, die Ängste und Sorgen, die vielen organisatorischen und medizinischen Fragen, die es zu klären gab. Das ist typisch für viele Eltern von Frühchen. „Wir waren oft in der Situation, dass wir nicht mehr weiterwussten. Wir haben uns häufig angeguckt und nur noch gedacht: Wir sind einfach am Ende“, erinnert sich Oliver H.. Und dann waren da ja auch noch die beiden größeren Geschwister, die versorgt werden mussten. Bis heute kann Milda nicht schlucken und bekommt Nahrung per Magensonde; für den Notfall steht immer ein Beatmungsgerät parat. „Wir müssen sie rund um die Uhr im Blick behalten, um sicherzustellen, dass ihr nichts passiert“, sagt ihr Vater. „Schon mehrfach hatte sie mit schwer verlaufenden Krankheiten zu kämpfen, war im künstlichen Koma. Es stand oft auf der Kippe bei ihr.“
Nicht immer, aber immer wieder stellt sich bei frühgeborenen Kindern im Lauf der Zeit heraus, dass ihre Frühgeburtlichkeit so schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen verursacht hat, dass ihr Leben bedroht oder ihre Lebenserwartung deutlich verkürzt ist. „Für diese Fälle gibt es nicht nur unser Sorgentelefon, sondern auch die vielen ambulanten und stationären Kinderhospize in Deutschland. Sie unterstützen die betroffenen Familien dauerhaft“, erläutert BVKH-Geschäftsführerin Sabine Kraft. „Und zwar schon ab dem Moment der Diagnosestellung – und nicht nur in den letzten Lebensmonaten des Kindes. Das unterscheidet Kinderhospize von Erwachsenenhospizen. Dass unsere Hilfe so früh beginnt, wissen viele Eltern nicht – und nehmen sie deshalb leider erst oft spät in Anspruch.“ Ambulante Kinderhospizdienste begleiten Familien zuhause – häufig über viele Jahre hinweg. Die hauptamtlichen Mitarbeiter beraten beispielsweise zu Pflege- und sonstigen sozialrechtlichen Fragen. Speziell ausgebildete ehrenamtliche Mitarbeiter besuchen und entlasten die Familien im Alltag – etwa indem sie sich mit dem erkrankten Kind oder seinen gesunden Geschwistern beschäftigen. Deutschlandweit gibt es derzeit rund 200 solcher Einrichtungen.
In den 17 stationären Kinderhospizen können Familien regelmäßig Entlastungsaufenthalte verbringen – und zwar alle gemeinsam: Eltern, krankes Kind und gesunde Geschwister. Ein Team aus Pflegefachkräften, Sozialarbeitern, Therapeuten, Ärzten und anderen Fachkräften kümmert sich um die verschiedenen Bedürfnisse aller Familienmitglieder. Betroffene Familien haben einen gesetzlich geregelten Anspruch auf diese Form der Unterstützung. „Kinderhospize begleiten Kinder natürlich auch in ihren letzten Tagen und die Angehörigen auch darüber hinaus in der Trauerzeit“, sagt Sabine Kraft. „Aber in erster Linie ist ein Kinder- und Jugendhospiz ein Ort zum Kraft-Tanken und zum Leben.“
Und nicht zuletzt unterstützt der Bundesverband Kinderhospiz Familien mit lebensbedrohlich oder lebensverkürzend erkrankten Kindern – darunter auch Frühgeborene wie Milda – auch finanziell oder durch Sachspenden. So brauchte Familie H. dringend ein größeres Auto, um mit allen drei Kindern, Mildas Pflegekraft und dem sperrigen Spezialkinderwagen überhaupt mobil zu sein. Der Bundesverband Kinderhospiz startete dafür eine Spendenaktion – und seit Juni steht der neue Transporter bei Familie H. vor der Haustür. „Das Auto hilft uns im Alltag wahnsinnig“, sagt Mildas Vater Oliver H.. „Bisher mussten wir Milda oft mit einer Pflegekraft zuhause lassen, wenn wir in den Zoo oder Eis essen wollten. Damit ging es keinem von uns gut. Und jetzt, mit dem großen Auto, kann Milda einfach am normalen Familienleben teilhaben. Dafür sind wir sehr dankbar!“