Eigentlich wollte ich einen Marathon laufen, ein halbes Deputat als Gymnasiallehrerin bewältigen und drei oder vier Kinder großziehen. Als unser Sohn Jonathan, zehn Jahre, zunächst als entwicklungsverzögert gilt, dann im Rollstuhl landet und schließlich an einem bösartigen Tumor erkrankt, vereiteln sich all meine Lebenspläne. Das bekommt auch unsere Tochter Matthea, sieben Jahre, zu spüren. Über Jahre sind wir als Ehepaar und als vierköpfige Familie in einen Wahnsinn gestellt oder – um es liebevoller auszudrücken – „herausüberfordert“. Obwohl der damals Sechsjährige den Krebs besiegt, halten wir monatelang Untersuchungsmarathons aus und den Atmen an. Denn ein Dreivierteljahr später bestätigt sich ein schrecklicher Verdacht: Die starken Rückschritte unseres Sohnes sind keine Nebenwirkung der Chemotherapie, sondern die Folgen einer degenerativen, progredienten Stoffwechselerkrankung, für die es weltweit noch keine klare Diagnose gibt. Nur eines steht fest: Jonathans Gehirn schrumpft unablässig, bis alle lebenserhaltenden Funktionen eingestellt werden.